Wenn man hier mit Leuten ins Gespaech kommt sind die ersten Fragen i.d.R. “Dari mana?” (Wo kommst du her?), “Sudah lama di Indonesia?” (Bist du schon lange in Indonesien? – da ich offensichtlich der indones. Sprache maechtig bin -), “Sudah bisa makan nasi?” (Kannst du schon Reis essen?) und “Sudah punya pacar” (Hast du schon ‘ne Freundin?).
Ziemlich bald kommt man aber (zumind. wenn man mit Maennern spricht) auf das Thema Fussball zu sprechen. Zum einen wohl, weil sie hier Fussball lieben, zum anderen aber auch, weil sie versuchen, gemeinsame Gespaechsthemen zu finden und sie ueber Fussball in Deutschland echt viel wissen. Die bekanntesten deutschen Persoenlichkeiten in Indonesien sind nicht etwa Helmut Kohl, Albert Einstein, Goethe, Johan Sebastian Bach, Daimler und Benz, Werner von Siemens oder vielleicht Alexander von Humbold? Nein, es sind (neben Adolf Hitler) Michael Ballack, Oliver Kahn und Franz Beckenbauer. Und nun, nach dem grossen Auftritt der Deutschen Elf in Suedafrika, gesellen sich mit Sicherheit Schweinsteiger, Podolski, Klose, Mueller und Co. dazu.
Es ist erstaunlich wie viel sie ueber die Deutsche Liga wissen, welche Spieler sie kennen und wissen wer wo spielt und spielte. Da komme ich nicht selten in Verlegenheit, da ich zwar Fussball mag, ich aber nicht wirklich regelmaessig die Bundesliga verfolge. Allerdings ist Bundesliga, im Vergleich zur Englischen Premier League, hier nur Nebensache. Sehr viele Indonesier sind Fan von irgendeiner englischen Mannschaft und viele Spiele der englischen Premier League werden hier live im Fernsehen uebertragen, meist zu unchristlichen Zeiten zwischen Mitternacht und Daemmerung. Dennoch lassen sich viele Fussballbegeisterte nicht davon abhalten sich um diese Uhrzeit anzusehen, wie die Kicker von Chelsea, ManU oder Arsenal ueber den Rasen sprinten.
Bei so viel Hingabe zum Sport mit dem runden Leder, war es nicht verwunderlich, dass puenktlich zum WM-Anpfiff um die zehn Warungs bzw. Restaurants in Receiver, Proyektoren und einfache Leinwaende investiert haben und Putussibau somit sein “Public Viewing” hatte.
Public Viewing zum WM in den Pujasera-Arcaden
Durch die Zeitverschiebung zu Suedafrika um 5 Stunden, wurden die Abendspiele hier um 1:30am uebertragen. Dennoch war es nicht einfach, noch einen Platz auf einem der Plastikstuehle oder Holzbaenke zu bekommen. Ich war dann relatif oft in den Pujasera-Warung/Toko Arcaden, wo Zul, ein Kollege aus dem Forstamt die Technik und Gastronomie (Kaffee, Tee, Erdnuesse und Sonnenblumenkerne) leitete und einen Platz freihalten konnte.
Wer nun allerdings laute Fanchors, Vuvuzelas, ausflippende und laut mitfieberende Menschenmassen erwartet hatte, wurde enttaeuscht. OK, Asiaten sind nicht gerade fuer das Zurschaustellen ihrer Emotion bekannt und so war das Raunen in den Reihen der Zuschauer bei einer gefaehrlichen Szene und der Beifall bei einem Tor schon das hoechste der Gefuehle. Dennoch hat das Zusehen viel Spass gemacht, besonders wenn Deutschland gespielt hat. Die Deutsche Elf hat ja klasse Tore geschossen und sich mit ihren erfrischenden Auftritten auch in die Herzen der Putussibauer gespielt. Nur beim Spiel gegen England war eher Trauerstimmung und Frust zu sehen. Aber klar, die Premier League Fans waren ganz schoen ueberrascht, als ihre Idole Rooney, Lambard und Cole von den doch eher wenig bekannten Mueller, Klose und Podolski abgeschossen wurden. Wohl aber auch, da bei den Spielen viel gewettet wird und viele auf England setzten. Nach dem Spiel waren aber viele von der Deutsche Elf so ueberzeugt (besonder nach dem Spiel gegen Argentinien) dass sie bei der Partie Spanien vs. Deutschland entgegen den Vorhersagen des Oktopus-Paul-Orakels auf Deutschland setzten. Haetten sie das mal lieber nicht gemacht. Das haette mir am Tag nach dem Spiel viele Fragen und vorwurfsvolle Blicke meiner Kollegen erspart …
Dennoch, das deutsche Team ist hier weiterhin beliebt und Fanartikel mit dem Bundesadler sind hier in Putussibau schon lange ausverkauft.
Premier League Fan beim Spiel Deutschland – Uruguay. – Er haette sich sicher England an Deutschlands Stelle gewuenscht.
Im allgemeinen herrscht hier aber eine sehr entspannte Atmosphaere und wirklich heiss macht sich hier wegen der WM auch niemand. Bis zum Anpfiff wird noch Schach gespielt und spaetestens 5 Minuten nachdem der Schiri den Schlusspfiff gepfiffen hat, sind alle auf ihren knatternden Mopets oder per Fuss auf dem Heimweg. Und wenig erinnert daran, das soeben hier noch ueber 50 Leute das WM-Spiel anschauten. Aber dieses Phaenomen ist auch bei Konzerten und anderen Veranstaltungen zu beobachten. Bisher habe ich noch keine Theorie gehoert, welche diesen ploetzlichen ueberstuerzten Nachhausedrang ueberzeugend erklaert koennte.
Schach vorm Spiel Deutschland – Spanien.
SMP (Sesudah Menonton Pulang) – Nach dem Kucken nachhause eilen. Public Viewing 4 Minuten nach dem Abpfiff Deutschland – Uruguay.
Wie dem auch sei, heute Nacht ist das letzte Spiel und danach werden die Proyektoren wieder eingepackt. Eigentlich schade. Aber Fussball wird hier auch weiterhin gross in Mode sein. In Putussibau sind im letzten Jahr 3 Futsal Hallen gebaut worden, wo wir fuer Rp 80.000 bis 100.000 die Stunde (7-9 Euro) ab und zu auf gutem Kunstrasen kicken. Unter Futsal versteht man hier eine Art Hallenfussball auf Kunstrasen mit einem etwas weicherem Ball. Ich versuche dabei mit meinen quirligen und technisch versierten Kollegen mitzuhalten. Allerdings koennen wir hier (noch) keinen Pokal Indonesien vs. Rest der Welt austragen, da ich, zusammen mit meinem DED-Kollegen und seiner Frau sowie einer Missionarsfamilie, die einzigen Auslaender weit und breit sind. Und so komplettieren wir eben die lokalen Teams – wie z.B. beim Behoerden-Cup 2009 oder beim Hobby-Futsal-Kicken.
Das Forstamtsteam beim Behoerden-Cup 2009.