Camping am Fluss

Index_CampingOft werde ich gefragt, was man denn in Putussibau in seiner Freizeit anstellen kann. Der Distrikt Kapuas Hulu ist touristisch sehr interessant und mit seinen noch vorhandenen Naturschätzen für naturverbundene Freizeitgestaltung prädestiniert. Die Hauptstadt, mein Wohnort, Putussibau muss man dagegen eher als langweilig bezeichnen. Dieses, mit Umland etwa 30.000 Einwohner zählende Verwaltungs- und Versorgungszentrum, zeichnet sich durch das fast gänzliche Fehlen auf Entspannung, Erholung oder Esthetik ausgeleger Infrastruktur aus. Die Stadt an sich ist mit ihrer Lage am Fluss, ihrer lockeren Bebauung, viel Grün und keinen Stauproblemen (außer durch den Rückstau der Hundertschaften Wartender an den Tankstellen) und keinem Smog (außer wenn nach ein paar trockenen Tagen alle auf die Idee kommen, ihren Müll hinterm Haus zu verbrennen) für Indonesien eine eher angenehme Stadt und mir viel lieber als das Großstadtchaos Jakartas.(vgl. Galileo Beitrag Verkehrssituation in Jakarta – der Videoclip ist keine fernsehjournalistische Meisterleistung aber gibt immerhin ein paar interessante Eindrücke dieses Chaos’s wieder) Wer allerdings auf Restaurants oder Cafes mit netter chilliger Atmosphäre gehofft hat, gepflegte ruhige Parkanlagen oder Uferpromenaden zum Flanieren, einen Club oder Cafe mit Musik zum Tanzen oder einfach nur eine nette Billiardbar, sieht sich getäuscht. Alles ist hier funktional einfach gehalten und auf Esthetik (nach westlichem Sinne) wird hier kaum Wert gelegt. Versuche dies zu ändern gab es. Mein Vermieter, Pak Alwis betreibt das Restaurant Cafe Bunga. Früher hatte er einen Keyboard-Spieler und manchmal sogar eine Sängerin bezahlt, die bis in den späten Abend Musik gemacht haben. Mit der Kundschaft war Pak Alwis aber nicht zufrieden. Viele sind um 7pm gekommen, haben die Stühle und Tische besetzt, einen Kaffee fuer 4.000 Rp (30 cent) bestellt und haben an diesem bis 11pm genippt. Davon kann nicht mal ein indon. Restaurantbesitzer überleben. Es gibt auch einen Alun-Alun (Stadtpark) schön neben dem Fluss gelegen. Dort hat man mal vor ein paar Jahren begonnen ein paar offene Sitzhütten (Pondok) und ein Denkmal zu bauen. Das Denkmal ist nach wie vor nur halbfertig, die Pondoks sind inzwischen wieder halb verfallen und die Grünfläche erinnert eher an ein vor Jahren verlassenes Reisfeld. Auch gab es einmal ein größeres Regierungsprojekt wo man am nahe gelegenen See Mupa eine Konzertbühne, ein Multifunktionshaus, eine Brücke über den See, Podoks zum Sitzen und Picknicken, Toiletten, Parkplätze und ein großes Eingangstor gebaut hat. Nur darum gekümmert hat sich dann niemand und inzwischen sind die Scheiben kaputt, die Bühne morsch und die Besucher sind i.d.R. nur noch junge Pärchen, die einen abgeschiedenen Ort zum Pacaran (Dating) suchen. Nightlife beschränkt sich in Putussibau auf fünf Karaoke-Schuppen mit den vielsagenden Namen wie Go-Go, Cafe Do’i (Schätzchen) oder Cafe Bangko (Kopi Bangko bedeutet soviel wie Cafe mit ++Service). Diese dunklen verrauchten Schuppen mit halbdefekten Musikanlagen in den Karaokezimmern, jungen betrunkenen Mädchen und jungen bis alten noch betrunkeneren Gästen laden auch nicht gerade dazu ein, seinen Samstag Abend dort zu verbringen. Ein Kino, eine Mall oder Museum gibts schon gar nicht. Abgesehen von seltenen einmaligen Events (es gab mal ein Konzert, einen Rummel gabs mal und sogar ein Theaterstück wurde einmal aufgeführt) ist hier in der Stadt also nicht viel los.

Einmal im Jahr kommt der Rummel (Pasar Malam) nach Putusisbau.

Einmal im Jahr kommt der Rummel (Pasar Malam) nach Putusisbau.

Was macht man also in der Not. Man kauft sich DVD’s die es in Indonesien an jeder Straßenecke für weniger als einen Euro das Stück zu kaufen gibt (davon funktionieren dann aber meistens auch nur 50%) und macht Hauskino, man kauft sich ein Mikrofon und Karaoke-DVDs, stellt den Grill in den Garten und lädt Freunde ein. Alternativ geht es, dies mit dem Angeln des zu grillenden Fischs zu kombinieren. Ich glaube, Singen und Essen gehört hier zu den Lieblingsbeschäftigungen der Putussibauer. Radfahren in das Umland und zu Seen ist ebenfalls eine gute Abwechslung (Radtouren um Putussibau).
Manchmal will man aber auch mal einfach raus aus der Stadt und da bietet sich der Betung Kerihun Nationalpark für Campingausflüge an. Ich bin mehrmals die großen Zuflüsse das Kapuas (Embaloh, Sibau, Mendalam) per Motorboot hinaufgefahren. Da dies logisitsch aufwendig und der Benzin teuer ist, macht man dies am besten mit Bekannten. Die Dayak lieben bekanntlich das Jagen und so bin ich i.d.R. mit auf die Jagt gegangen. Ich hatte mich dann allerdings immer nur aufs Fischen, Baden und Chillen konzentriert, während sie oft für paar Stunden (auch Nachts und mit Badeschlappen oder einige sogar barfuss!) im Wald verschwunden sind um v.a. Wildschweine zu suchen. Mitgenommen wird neben Jagd- und Angelutensilien v.a. eine Plastikplane, eine Matte – und auf keinen Fall zu vergessen – ein großer Topf mit Reis, etwas Salz, Kaffee und VIEL Zucker.
Übernachtet wird im Zelt. Die Locals brauchen dafür nur die Plastikplane. Alles andere findet sich dann vor Ort. Solch ein Zelt ist an und für sich gut. Nur am Anti-Mosikto-Mittel sollten sie noch etwas feilen. Man macht einfach an beiden seitlichen Öffnungen ein kleines Feuer, welches bzw. dessen Rauch Schlangen, allerlei Insekten und v.a. Moskitos fernhält. Allerdings riecht man dann am nächsten Morgen selbst wie ein Räucherfisch und ob so eine Räucherkammer so gesund ist wage ich auch zu bezweifeln. Trotz aller Vorteile dieser Zelte hatte ich mich bei den letzten Touren dann doch ein separates Igluzelt mitgenommen. In einer argen Nacht mit Rauchschwaden von links und rechts begann es dann noch heftig zu regnen. So hatten wir dann noch mit Wasser von oben (die Plane ist nicht immer die neuste) zu kämpfen. Aufgrund des durch den Starkregen anschwellenden Flusses mussten wir dann auch noch mitten in der Nacht das Zelt ab- und in höherer Lage wieder aufbauen und dann durchnässt und geräuchert den Morgen entgegenfiebern. Da wäre ein Igluzelt mit integriertem Fliegengitter doch praktischer gewesen.

Passende Zeltstangen lassen sich überall herstellen.

Passende Zeltstangen lassen sich überall herstellen.

Zum Verbinden braucht man nicht immer Plasik-Schnure.

Zum Verbinden braucht man nicht immer Plasik-Schnure.

 

Die Plane ist ein gutes Dach.

Die Plane ist ein gutes Dach.

Und fertig ist das Schlaflager.

Und fertig ist das Schlaflager.

Schön ist es dort in der Natur – Meilenweit entfernt von der nächsten Strasse. Nachts sieht man Sternenhimmel ganz klar (da es dort keine Lichtverschmutzung gibt) und die Geräuschkulisse aus dem Rauschen des Wassers und dem Zirpen und Klacken der nachtaktiven Insekten ist beindruckend. Am Tag kann man in den Flüssen schwimmen, die Natur auf sich einwirken lassen, einfach nur Chillen und alle Sorgen einfach mal vergessen.

 Kleine Fische werden gegrillt.

Kleine Fische werden gegrillt.

Gegessen wird, wie sollte es in Indonesien anders sein, Reis. Dazu wird gekocht, gebraten und gegrillt was man vorher gefangen hat. Fisch gibt es deshalb immer. Gefischt wird mit Netzen, nachts aber auch mit selbstgebauten Harpunen. Nachts “schlafen” viele Fische unter ins Wasser gestürzter Bäume und Wurzeln sowie dort wo sich Treibholz angesammelt hat. Mit Wasserdichten Kopflampen, einfachen Schwimmbrillen und der Harpune bewaffnet wird dann ruhig im Wasser getaucht bis man einen reglos im Wasser “schlafenden “Fisch vor sich sieht und abdrückt. In ein paar Stunden hatten wir so zwei große Eimer mit Fisch gefangen.

Harpunen zum Fische jagen.

Harpunen zum Fische jagen – besonders gut Nachts mit Kopflampe unterwasser.

Fische und Kaffeewasser überm Feuer.

Fische und Kaffeewasser überm Feuer.

 

Mittagessen – Guten Appetit

Mittagessen – Guten Appetit

Die Fahrt mit dem Boot durch den Regenwald und die Stromschnellen hinauf ist auch schon für sich selbst ein Erlebnis.

Mit dem Boot die Stromschnellen des Sibau-Flusses hinauf.

Mit dem Boot die Stromschnellen des Sibau-Flusses hinauf.

Bei diesen Touren scheinen alle die Atmosphäre und Stimmung in der Natur zu geniessen und der Jadgterfolg wird zweitrangig. Klar ist es schön und gibt viel Stoff für Erzählungen, wenn man ein Wildschwein mit nach Hause ins Dorf bringen kann. Aber selbst wenn kein Wild vor die Flinte läuft (wie sehr oft, da die Gebiete eben doch schon tlw. überjagt sind) scheinen alle die Stimmung und Abwechslung vom Alltäglichen zu geniessen.

Morgenstimmung am Fluss Embaloh.

Morgenstimmung am Fluss Embaloh.

So eine Tour ist für alle ein schönes Erlebnis.

So eine Tour ist für alle ein schönes Erlebnis.

 

 

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