Die Dayak Kalimantans sind weit ueber ihre Grenzen hinaus bekannt und zahlreiche Mythen ranken sich um sie. Ihnen werden magische Faehigkeiten zugesprochen, sie sind als (ehemalige) Kopfjaeger beruehmt-gefuerchtet, sie kennen den Wald wie kaum jemand anders, sie sind passionierte Jaeger, sie gelten als ausgesprochen attraktiv und den Frauen werden verfuehrerische Faehigkeiten bzw. Magie nachgesagt. Die Dayak sind bekannt den Tag eher ruhig anzugehen und in ihrer Trinkfestigkeit sind sie in Indonesien wahrscheinlich konkurrenzlos.Hinsichtlich der Trinkfestigkeit kann ich dies nur bestaetigen. Mehr als einmal musste ich mich der Geselligkeit mit schwindeligem Kopf fruehzeitig entziehen. Zu meiner Verteidigung muss aber gesagt werden, dass die Dayak mit ihrem “Saguer” (Palmwein) ein sehr anregendes, dennoch kopfschmerzfreise Getraenk haben, welches sie sehr oft (meist nach getaner Arbeit) in geselliger Runde trinken. Was ist der “Saguer” also fuer ein Getraenk?
Der Saguer wird aus dem Saft, welcher aus dem angeschnittenen Fruchtstand der Zuckerpalme tropft hergestellt. Die Zuckerpalme (Arenga pinnata), hier oft als Aren oder Enau bezeichner, ist in Kapuas Hulu weit verbreitet und besonders im den fruchtbaren Flussauen sieht man diese Palme sehr haeufig.
Bevor der Fruchtstand abgeschnitten werden kann um den Saft zu zapfen, muss das untere Ende des Fruchtstands mit einem, starken Holz geschlagen werden (wahrscheinlich um den Saftfluss anzuregen). Aus dem abgeschnittenen Ende des Fruchtstandes tropft daraufhin ein zuckerhaltiger Saft, welcher in einem Eimer aufgefangen wird. Dieser Saft kann zu rotem Palmzucker weiterverarbeitet werden. Oefters jedoch gibt man in den Eimer ein paar Stuecke Rinde, des in der Lokalsprache als Pohon Raru bekannten Baumes. Dies hat zur Folge, dass der Saft noch im Eimer beginnt zu Saguer (Palmwein) zu vergaeren und einen leicht säuerlich-bitteren Geschmack bekommt.
Bei Bedarf wird nun ueber eine Bambusleiter der Baum erklommen und der Eimer mitsamt dem, einem Federweiser nicht unaehnlichem, allerding etwas saurerem, Getraenk geholt. Dieses wird dann in die Becher oder in eine Kanne gegossen, meist durch einen Sieb um er(be-)trunkene Insekten und andere Verunreinigungen aus dem Saguer zu filtern. Und dann bleibt nur noch “Prost” und “Selamat Minum”!
Gruende zum Trinken von Saguer gibts eigentlich immer. Geselliges Beisammensein, Besuch von Freunden, nach anstrengender Arbeit auf dem Feld oder im Wald, bei einem unserer Surveys wurde statt Wasser sogar ein Kanister mit Saguer mitgenommen (“Wasser gibts ja an jedem Bach.” war die Antwort auf meinen fragenden Blick.). Besonder viel Saguer wird allerdings bei Festen getrunken. Bei Gawai, Hochzeit, Beerdingungsritualen usw. ist Saguer (neben dem gebrannten Schaps “Arak”, dem aus Reis gewonnenen alkoholischem Getraenk “Brem” und neuerdings auch importiertem Fruchtwein aus Malaysia und anderen Spirituosen) ein elementarer Bestandteil.
Da Saguer, abhaengig vom Vergärungsgrad, wahrscheinlich nur um die 3-8% Alkohol enthält, passiert es, abgesehen von grossen Festen, eher selten, dass Dayak richtig betrunken werden. Gänzlich entziehen kann man sich der Tradition des Saguer-Konsums nicht. Man sollte allerdings seinen Becher nie ganz leer Trinken, es sei denn man moechte diesen sofort wieder aufgefuellt haben. Wenn man wirklich genug hat, kann man immer noch aus Höflichkeit den Becher mit dem Finger antippen und dankend ablehnen. Meist ist das auch OK. Und wenn man dennoch einmal zu tief in den Saguer-Becher geschaut hat, reicht i.d.R. ein guter Schlaf um wieder fit zu werden. Kopfschmerzen bekommt man davon keine – was allerdings nur eingeschaernkt für Brem, und gar nicht fuer Arak und all die anderen Getraenke gilt, die einem sonst noch so angeboten werden.